Der hiesige Musikverein kann auf eine etwa 170-jährige Vereinsgeschichte zurückblicken. Wie auch in
anderen Orten entwickelte sich die Volksmusik aus der Kirchenmusik, die einen hohen Stellenwert in der
Gemeinde besaß.
Um 1790 bestand in Herbertingen eine Blech- und Streichmusik, wie in Löhnungsquittungen der Stiftungspflege
belegt ist. Wann diese Musikgesellschaft allerdings genau gegründet wurde, ist nicht nachzuvollziehen.
Die Musiker gestalteten jedoch unter der Leitung von Jakob Marxer, der wie damals üblich Schulmeister,
Mesner und Organist zugleich war, neben verschiedenen kirchlichen Hochfesten auch das Kirchenpatrozinium
und einige Dorfhochzeiten mit. In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts stagnierte die positive Entwicklung
der Volksmusik in Herbertingen, da die Bevölkerung erst zum Friedensschluss 1801 von Armut und Hunger
und von den Repressionen der durchziehenden Feldheere befreit wurde. Dann allerdings führte Marxer die
türkischen Schlag- und Lärminstrumente ein und somit entwickelte sich die Kapelle entscheidend weiter.
Um 1834 übernahm Karl-Anton Marxer die Lehrer-, Mesner- und Organistenstelle seines Vaters Jakob.
Er vertrat die Interessen der Musiker und regte die Begründung einer Blech- und Streichmusikgesellschaft
an, die als Vorläufer des jetzigen Musikvereins anzusehen ist. Ein genaues Jahr der Gründung lässt sich nicht
ermitteln, vielmehr war dies ein langjähriger Prozess und auch im Folgenden gab es innerhalb der Gesellschaft
und mit dem Bürgermilitär reichlich Spannungen. Im August 1845 kamen die Zwistigkeiten gar vor den
Gemeinderat und wurden dort soweit geklärt, dass die Musiker zum einen am Kirchenpatrozinium ausrücken
konnten und zum anderen seit diesem Jahr nun miteinander musizierten und beisammen blieben. Unter den
Dirigenten Wunibald Dirlewanger (1864-1881) und Johann Georg Jungel (1882-1931), beides hervorragende
Musiker, stieg die Musikgesellschaft des öfteren zu großen musikalischen Höhenflügen auf. Der erste Weltkrieg
unterbrach das normale Leben und somit auch die musikalische Tätigkeit auf dem Lande, vier Musikkameraden
kehrten nicht zurück. Doch schon 1919 ging es in Herbertingen mit der Musik weiter, es kamen wieder Zöglinge
hinzu. Trotzdem gab es auch während dieser Zeit Spannungen, einige Jungmusiker wollten um 1921 nicht mehr
unter Dirigent Jungel musizieren, so entstand eine zweite Musikkapelle. Außerdem existierte noch eine Streichmusik
im Ort, die auch aus jungen Musikern bestand. Diese Vereinigung konnte wohl eher geduldet werden, da sie nur
über die Fasnetszeit auftrat und gelegentlich bei einer Hochzeit aufspielte. Die Folge dieser verschiedenen
Interessen der Musiker waren viele Querelen und führten zu einem Umdenken in der Vorstandschaft.
Im Jahr 1927 war es schließlich so weit: Im Einvernehmen mit Bürgermeister Georg Frank wurde am 22. März
aus der Musikgesellschaft ein Musikverein gegründet und dies erwies sich als solide Grundlage für ein
kontinuierliches Vereinsleben. Die Musiker selbst gaben sich als Vereinsgründer in ihrer Satzung die Aufgabe,
die Instrumentalmusik zu pflegen und zu fördern und bei den verschiedensten kirchlichen und örtlichen
Veranstaltungen sowie bei Anlässen anderer Vereine mitzuwirken. Natürlich wurde auch die Begleitung bei
Begräbnissen, die Veranstaltung von Konzerten und die Pflege der Geselligkeit festgeschrieben, alles Auftritte,
die die Musiker regelmäßig ausüben und die den Verein auch in der heutigen Zeit im Ort unentbehrlich und
wichtig machen.
Mit Gustav Dehm, der nach dem Tod von J.G. Jungel die Kapelle übernahm, kam erneut ein hervorragender
Musiker an die Spitze der Kapelle. Der Verein bekam 1934 eine Uniform, es wurden Passivmitglieder geworben
und die musikalische Leistung wurde bei einem Preisspiel mit „vorzüglich“ bewertet, wofür es als Ehrengabe
eine Trompete gab. Es folgten Auftritte in Mengen, Saulgau und Riedlingen, bei denen die Musikanten durch
die „Darbietung einer schmissigen Marschmusik unter der exakten Leitung von Kapellmeister Dehm“
Aufmerksamkeit erweckten.
Auch international errang der Musikverein in den Jahren 1937 und 1938 eine gewisse Berühmtheit. In den
„Heimatnachrichten“ war am 1.April 1937 zu lesen, dass „Die wackere Musikerschar...“ mit dem Luftschiff
„Hindenburg“ nach Amerika fahren sollte, um dort „...während der Austragung des Weltmeisterschaftskampfes
Schmeling...“ gegen Bradock zu konzertieren. (1.4.1937) Dies war natürlich ein Aprilscherz, dennoch entwickelte
sich zwischen dem Kapellmeister Dehm und dem Boxer Max Schmeling ein mehrmaliger freundlicher Schriftwechsel,
da Schmeling von dem Aprilscherz gehört hatte und sich bei den Musikern bedankt und „...seine Freude zum
Ausdruck gebracht...“ hatte. (8.8.1938)
Die nationale Bewegung in den 30er Jahren erfasste schließlich auch den Musikverein. „Bei allen Anlässen, kirchlichen
und weltlichen - stellte sich der Musikverein zur Verfügung...“. Dann kam der Krieg und die Aktivitäten der Musikkapelle
erloschen bis auf wenige Einsätze. Dazu vermerkt der Chronist: „... Wir stehen im Krieg. Mancher unserer Musiker musste
schon den blauen Musikerrock mit dem grauen der Soldaten vertauschen. Es scheint, dass dieses sinnlose Hinmorden von
Menschen kaum ein Ende finden könnte, immer mehr Kameraden müssen uns verlassen. Die musikalische Tätigkeit ist
sehr eingeschränkt. Den im Kampf gefallenen Helden die letzte Ehre zu erweisen, ist Hauptaufgabe des Vereins geworden....“
Der Musikverein hatte den Tod von sechs Kameraden zu beklagen und wurde wie alle Vereine nach der Kapitulation durch
die französische Besatzungsmacht verboten.
Schon 1946 ersuchten die Musiker die französische Militärregierung um die Erlaubnis einer Neugründung des Musikvereins.
Dies wurde zum 29.Juni genehmigt, Vorstand wurde Anton Blersch. Auch durften die Musiker ihre „Musikerröcke mit Mützen
tragen...“, als „..Schonung der Sonntagskleider..“ und damit die Musiker „...nicht einer bunten Wiese gleichen.“ Dirigent Dehm
war mittlerweile über 80 Jahre alt und äußerte den Wunsch nach einer Entlastung. So begann der Militärmusiker Georg Buck
mit der Ausbildung von Zöglingen. 1950 wurde Georg Buck Dirigent und Josef Hepp Vorstand. Dies gab den Musikern frischen
Wind, schon 1951 erhielten sie bei einem Vorspiel in Andelfingen das Prädikat „vorzüglich“. Bei der Ausrichtung des Kreismusikfestes
1952 im Ort zeigten sich die klare Linie des Dirigenten und der gute Zusammenhalt der Musiker in den Vorbereitungen und im
Wertungsspiel. 1954 wurde anlässlich des 1100jährigen Jubiläums der Gemeinde ein Spielmannszug gegründet. In den folgenden
Jahren zeigte sich der Musikverein mit guten und hervorragenden Leistungen in näherer und weiterer Umgebung, außerdem erfolgte
1956 die Ernennung zur „Gemeindemusik“ durch Bürgermeister Frank.
Im Jahr 1965 wurde Emil Mauch zum Vorsitzenden gewählt und Dirigent Buck übernahm die Aufgabe des Kreismusikdirigenten.
Er konnte sich wegen Überlastung seiner Person nicht mehr der kontinuierlichen Jugendausbildung widmen. Dem Musiker Hans Seyfried
wurde dann die Ausbildung der Zöglinge anvertraut - die Jugendkapelle Herbertingen war geboren. Nach dem überraschenden Tod von
Emil Mauch 1967 und der Kündigung des Dirigenten Georg Buck 1969 bahnten sich Schwierigkeiten im Verein an, die auch der neue
Dirigent Josef Ummenhofer nicht ausgleichen konnte. Der neue Vorstand Paul Baur hielt 1972 ohne Dirigent die Funktion der Kapelle
aufrecht und fand mit Günter Buck und 19 Musikern einen neuen Anfang. Schon 1973 schien die Talsohle erreicht und die Herbertinger
Musiker wurden mit ihrem „Narrenmarsch“, vom Dirigenten komponiert, sogar vom Südwestrundfunk aufgenommen.
1975 fanden die drei Teile des Vereins zusammen: Jugendkapelle, Spielmannszug und Aktivkapelle werden 1976 als „Musikverein
Gemeindemusik Herbertingen e.V.“ in das Vereinsregister eingetragen. Der Musikverein war zum mitgliederstärksten Verein der
Gemeinde angewachsen. Im Jahr 1977 wurde das Winterkonzert zum ersten Mal in der neuen Mehrzweckhalle (jetzt Alemannenhalle)
dargeboten. Auch bei Wertungsspielen in diesen Jahren zeigte sich, dass es mit der Kapelle stetig aufwärts ging, da die Kritiken voll
des Lobes und der Zuversicht waren. Dies hinterließ auch Spuren in der Gemeinde: 1981 wurde Günter Buck auf Beschluss des Herbertinger
Gemeinderates zum Musikdirektor ernannt. Die folgenden Jahre waren geprägt von vielen schönen Auftritten, erfolgreichen Wertungsspielen
und einem guten Zusammenhalt unter den Musikern. Die Eingliederung von Jugendlichen aus der Jugendkapelle erfolgte reibungslos, so dass
die Kapelle auch keine Nachwuchssorgen plagen mussten. 1986 - beim 140jährigen Vereinsjubiläum - erfolgte die Verleihung der
„Pro musica Plakette“, was eine Ehrung für alle aktiven und ehemaligen Musikanten bedeutet. 1987 wurde Helmut Bernauer 1. Vorsitzender,
nachdem Paul Baur dieses Amt nach 20 Jahren abgeben wollte. Leider brachte das Jahr 1988 mit der Auflösung der Jugendkapelle großen
Unfrieden. In den folgenden Jahren zeigte sich jedoch der immer größere Leistungsstand der Kapelle zum Beispiel bei Kirchenkonzerten
in Herbertingen und Birnau mit der „Messe zu den 14 Nothelfern“, komponiert von Günter Buck. Auch bei Kur- und Winterkonzerten
erhielten die Musiker viel Applaus und sie erreichten bei der Teilnahme am Blasmusikwettbewerb des Südwestrundfunks den dritten Platz.
Beim Wertungsspiel 1989 in Ostrach erhielt der Verein ein herausragendes Ergebnis, ebenso beim Wertungsspiel anlässlich des
Landesmusikfestes in Wangen. Es standen Fahrten nach Nemesnadudwar in Ungarn, nach Jungholtz im Elsaß und ein Hüttenaufenthalt
auf dem Programm, dazu viele Musikantenhochzeiten. Auch das Gemeindehoffest, das spätere Angerfest, wurde 1994 zum ersten Mal
veranstaltet. 1991 verstarb Ehrendirigent Georg Buck und 1994 Ehrenvorstand Paul Baur. Das Jahr 1996 war geprägt vom 150jährigen
Jubiläum der Gemeindemusik, das 4 Tage lang mit allen Schikanen gefeiert wurde. Zwar war die Besucherzahl bei einigen Veranstaltungen
nicht so gut wie erwartet, die musikalische und organisatorische Leistung aber dafür umso großartiger. Umso schwieriger war deshalb für
die Kapelle die Ankündigung ihres Dirigenten in der Generalversammlung 1997, er wolle aus gesundheitlichen Gründen sein Amt abgeben.
1998, an seinem 26. Winterkonzert als Dirigent verabschiedete sich Musikdirektor Günter Buck nach einer glanzvollen Leistung mit
dem Stück „Time to say Goodbye“ von seinem Publikum, das sehr zahlreich angereist war. Er erhielt die goldene Ehrennadel des
Verbands überreicht und die Schwäbische Zeitung wie auch die Chronistin ehren ihn als hervorragenden Musiker, Dirigenten und
Komponisten: „Die Zeit mit Günter Buck wird in der Chronik des Musikvereins als eine große Zeit vermerkt werden.“ (SZ, 27.01.1998).
Mit Andreas Nischt übernahm am 01.04.1998 wieder ein junger Musiker aus den eigenen Reihen den Dirigentenstab. Es folgte ein relativ
ruhiges, trotzdem aber arbeitsreiches Jahr des Zusammenfindens. Im Jahr 1999 reiste der Musikverein wieder einmal nach Ungarn,
was der leicht angeschlagenen Kameradschaft kurz neuen Auftrieb geben sollte. Dennoch sprach Vorstand Bernauer in der
Hauptversammlung 2000 von einem „Generationenproblem,... da sich jung und alt zu selten gemütlich gegenüber säßen und
gemütlich miteinander reden würden... . Dies liege sicher auch an den räumlichen Gegebenheiten.“ Damit wurde deutlich,
wie dringend der Musikverein ein eigenes Probelokal brauchte, um die Kameradschaft zu pflegen, aber auch, weil im Musiksaal
der Hauptschule zu wenig Platz geboten war. Im Juni 2000 war es endlich so weit: Ein Probelokal war gefunden. Im Foyer der
neu zu bauenden Sporthalle fanden die Musiker ihren Platz, erhielten Nebenräume und verschiedene Lagermöglichkeiten.
Nachdem Helmut Bernauer nun ein großes Ziel erreicht hatte und den Musikverein 15 Jahre geführt hatte, gab er 2002 sein Amt als erster
Vorsitzender ab. Sein Nachfolger wurde Andreas Sauter. Unter dem Dirigenten Andreas Nischt wurde der Schwerpunkt der Musikkapelle eher in Richtung Unterhaltungsmusik gelenkt. Ende 2004 legte er sein Amt nieder und trotz großen Bemühens war es nicht einfach, auf die Schnelle einen neuen Dirigenten zu finden. Mit Peter Rehm wurde schließlich Mitte 2005 ein bereits bekanntes Gesicht bei der Gemeindemusik für das Dirigentenamt gewonnen, obwohl er als Dirigent der Stadtkapelle Schelklingen sehr ausgelastet war. Die Musikkapelle entwickelte sich unter ihm musikalisch weiter.
Im Jahre 2008 rief die Schwäbische Zeitung einen Wettbewerb aus unter dem Motto „Blaskapelle des Süden“. Das Voting wurde online per Internet durchgeführt. Die Ausschreibung lautete: Diejenige Kapelle mit den meisten Stimmen gewinnt, Mehrfachabstimmung erwünscht. Und tatsächlich erhielt die Gemeindemusik Herbertingen die meisten Stimmen. Der erste Preis war an Land gezogen, eine Fahrt nach Tirol, die 2009 angetreten wurde. Die Musikantinnen und Musikanten der Musikkapelle und des Spielmannszuges fuhren gemeinsam ins Zillertal und hatten viel Spaß dabei.
Seit 2008 hat die Gemeindemusik Herbertingen eine Kooperation mit der Lilly-Jordans-Schule, um in Sachen Jugendarbeit noch etwas effektiver zu werden. Peter Rehm bat Mitte 2008 darum, einen Nachfolger zu suchen. Im Frühjahr 2009 wurde dann mit Helmut Müller wieder ein neuer Dirigent gefunden, der seither die Musikkapelle leitet. Er legt den Schwerpunkt auf konzertante Blasmusik. 2009 war auch das Jahr, in dem die Alemannenhalle renoviert wurde. Auch die Gemeindemusik Herbertingen beteiligte sich an den Eigenleistungen, die von den Vereinen erbracht wurden.
Im Jahre 2010 wurde die Satzung geändert. Seither ist der Verein durch 3 Vorsitzende vertreten. Neben dem ersten Vorsitzenden gibt es nun je einen Abteilungsvorsitzenden der Musikkapelle und des Spielmannszugs. Mitte 2010 wurde ein Förderverein gegründet mit dem Namen „Verein zur Förderung der Gemeindemusik Herbertingen“.
Die Musikkapelle beteiligt sich nach wie vor an Musikfesten auf Kreis- und Landesebene.
Die Freundschaft mit den Musikanten aus Jungholtz ist immer noch vorhanden. Im Frühjahr 2013 spielten die Musikanten der Musikkapelle in Jungholtz wieder am Konzert mit. Diese Treffen werden aber immer seltener, weil die Musique Harmonie Jungholtz mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat und zusehends altert.
Die Finanzierung des Vereins wird immer schwieriger, trotzdem konnten im Jahr 2014 neue Uniformen angeschafft werden. Die Finanzierung konnte mit vielen Aktionen und Arbeitseinsätzen der Mitglieder bewerkstelligt werden. Einen wesentlichen Teil konnte durch die Beteiligung der Gemeinde, der Kirchengemeinde, Spenden von Privatpersonen und Sponsoren abgedeckt werden.
Die Vorstellung der Uniformen fand am Winterkonzert im Januar 2015 statt. Seither hat nun die Musikkapelle und der Spielmannzug eine einheitliche Uniform. Unterscheidungen gibt es lediglich bei der Hose. Die Musikkapelle hat eine lange Hose, der Spielmannszug Kniebundhosen.
Beim Winterkonzert im Januar 2016 legte Helmut Müller den Dirigentenstab in Herbertingen nieder. Glücklicherweise konnte im Vorfeld Peter Rehm als sein Nachfolger gewonnen werden und somit ging es nahtlos weiter.
Bei der Generalversammlung im März 2016 wurden die 3 Vorstände bestätigt: Andreas Sauter, Alexander Sauter, Wolfgang Neuburger.
Die Musikkapelle hat aktuell 75 Mitglieder (Stand 01.01.2016), der Mitgliederstand aller Abteilungen der Gemeindemusik ist wie folgt:
368 Mitglieder gesamt, davon:
149 aktive Mitglieder
15 Ehrenmitglieder
208 fördernde Mitglieder